Du bist Terrorist from alexanderlehmann on Vimeo.
Immer bekommt der Held den Mittelpunkt aller Geschehnisse. Der Held ist etwas, wonach jeder Mensch sehnt. Manche wollen selbst Helden sein, andere warten darauf, dass einer diese Rolle übernimmt. Niemand bedenkt aber, was noch benötigt wird, damit ein Held wirklich ein Held wird: Das ultimative Böse.Ich habe vor einiger Zeit einen Anime gesehen, der sich "Code Geass" nennt. Er ist sehr eigenwillig von der Darstellung her, wie es jeder "Mecha"-Anime (Anime mit großen, menschenähnlichen Robotern, für die Zocker unter euch dürfte auch "Earth Siege" ein Begriff sein) so an sich hat. Der Protagonist übernimmt am Ende der dualgestaffelten Reihe die Rolle des ultimativen Bösen ein und wird von dem Helden getötet. Es war von ihm geplant, dass die Menschen im versklavten Japan nur dann einen Schritt aus ihrer Versklavung wagen, wenn etwas ultimativ Böses hingerichtet wird von einem Helden.
Unsere Gesellschaft hat auch ein ultimatives Böses vorgesetzt bekommen, genannt Al-Kaida oder, allgemein gefasst, "Terrorismus". Nur hat diese Sache einen ultimativen Makel: Terrorismus existiert, auch wenn man ihn nicht sieht. Terrorismus kann überall sein, sogar in deiner eigenen Wohnung, sogar du selbst.
Es gibt seit Längerem ein etwas witziges Videos zum Thema Überwachungsstaat und Terrorismus, in dem gesagt wird, dass es 82 Millionen Terroristen in Deutschland gibt. Wenn man es aber genau bedenkt, hat dieses Video nicht Unrecht, denn Terrorismus entsteht auch durch den Willen, etwas zu werden, einen Helden zu suchen oder ein Held zu sein. Man sucht keinen Helden oder man wird kein Held, weil man zu viel Freizeit hat, sondern weil man etwas spürt, weil man merkt, dass ein Land, ein Kontinent und/oder die Welt einen Helden benötigt. Mit diesem Gedanken begeht man schon einen Akt der Staatsfeindlichkeit, weil jeder Staat darauf basiert, dass er mit seinen Gegebenheiten und Gesetzen, sowie Pflichten, das perfekte System ist. Die stimmt aber in keinem Fall, weil es leider keinen perfekten Staat gibt. Es gibt keinen ultimativen staatstreuen Patriotismus und keine ultimativ neutrale Koexistenz mit dem Staat. Es gibt nur "Ja!" oder "Nein!" und jeder wird, wenn auch nur an einem kleinen Makel für "Nein!" plädieren, wenn er seinen eigenen Staat, seine eigene Gesellschaft betrachtet. Individualismus bedeutet automatisch Terrorismus, wenn auch nicht im Sinne von aktiver Gewaltanwendung, sondern allein nur im Sinne einer Demonstration oder einer Kritik an der Politik (oder am Nachbarn).
Ich bin ein Terrorist, wenn ich mich ins Bett lege und mir Gedanken über mein Leben und den, von mir entsprechend interpretierten, Ungerechtigkeiten, meiner selbst gegenüber, mache. Sobald du einen Supermarkt betrittst und dich intern über die Preise beschwerst, übst du auch Kritik an dem System. Wenn du meinst, dass du zu arm bist, übst du Kritik am System. Wenn du dich scheiden lassen willst, übst du Kritik am System. Wenn du deine Hausordnung nicht machst, übst du Kritik am System. Ein System ist dafür gedacht, dass keiner Kritik daran übt, auch wenn es dadurch verbessert wird. Ein momentanes System ist ensprechend nicht perfekt aus deiner Sichtweise, ensprechend übst du Kritik am System, solange das System nicht nachgebessert wird. Bis zu dieser Nachbesserung bist du ein Terrorist.
Jemand wird sich sicherlich über sein Dasein als Terrorist beschweren und sagen "Ich bin kein Terrorist! Ich habe keinerlei Probleme mit diesem Staat!". Sobald du dich schon allein über mich, der, wie jeder andere Mensch in diesem Staat auch, ein Teil dieses Systems ist, beschwerst, bist du ein Terrorist.
Call of Duty 4 hat mich im Singleplayer-Modus wieder gepackt und mich auf diese Gedanken gebracht. Ich bin an einigen Stellen 20-mal gestorben (Schwierigkeitsgrad "Veteran" (höchster Schwierigkeitsgrad)). Ich bin etwas angetrunken. Entsprechend verurteilt mich nicht für meine Sichtweise, denn auch du bist ein Terrorist, genau wie ich.